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2021_06

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2 Dorfspiegel Dietlikon

2 Dorfspiegel Dietlikon / Wangen-Brüttisellen Kurier Nr. 6 11.2.2021 Joe P. Stöckli im Corona-konformen Online-Interview mit dem Kurier: «Dass man intern gut wirtschaftet, ist eine Voraussetzung, um einigermassen unbeschadet dur Wirtschaft in Corona-Zeiten «Ein Gewerbeverein trägt zur Lebensqualität in der Gemeinde bei» Jetzt erst recht! Den widrigen Umständen während der Corona-Zeiten zum Trotz hat Joe P. Stöckli eine Mission: Der Gewerbeverein Wangen- Brüttisellen, den er seit letztem Jahr präsidiert, soll unter seiner Ägide wieder eine wichtige Rolle erhalten und das Gewerbe unterstützen. Von seinen ambitionierten Plänen erzählt er dem Kurier. Interview: Leo Niessner Kurier: Herr Stöckli, war Ihnen bewusst, dass Sie das Präsidium des Gewerbevereins in einem sehr schwierigen Zeitpunkt übernommen hatten, inmitten des Corona- Jahrs? Joe P. Stöckli: Nun, ich liebe Herausforderungen. Corona haben wir uns ja nicht ausgesucht, die Pandemie kam einfach. Man soll solche Ämter nicht nur in guten Zeiten belegen. Noch vor der Krise hatte ich einen Hilferuf erhalten, ob ich das Präsidium übernehmen würde. Als Corona kam, schockierte mich das ganze dann nicht mehr wirklich. Ich sagte mir, jetzt machst du das erst recht. Denn dann kann man etwas herausholen. Ich sagte zu. Was wussten Sie sonst über den Zustand des Gewerbevereins? Im «Dorf» hörte man, es ginge nichts mehr. Ich sagte mir, das kann doch nicht sein. Meiner Meinung nach hat ein Gewerbeverein seine Berechtigung und trägt zur Lebensqualität in der Gemeinde bei – für die Gemeinde, aber auch für diejenige der Bevölkerung. Das motivierte mich, das Amt zu übernehmen. Hatten Sie vor dem ersten Shutdown im März 2020 eine Vorstellung davon, was nun auf das Gewerbe zukommt? Ich hatte zwar keine Angst, aber sicher Respekt vor der ganzen Situation. Ich kannte das ganze schon, aus der Zeit, als ich in der Fürsorgebehörde als Präsident tätig war und die Swissair groundete. Damals wussten wir auch nicht, was auf die Gemeinde zukommt, auch in finanzieller Hinsicht nicht. Das Budget war schon gemacht. Ich sagte mir also, warten wir mal ab, was passiert, welche Reaktionen gibt es, und wie könnte man dem Gewerbe helfen? Beunruhigt hat mich das ganze aber nicht in dem Sinn, dass ich Angst hatte. Man musste Augen und Ohren steif halten und warten, was vom Bund her auf einen zukommt. Wie gehts dem Gewerbe in Wangen-Brüttisellen zurzeit, angesichts des neuen Shutdowns? Ich habe mit vielen Leuten telefoniert. Gerade der Handwerker- und Baubereich zehrt noch von Aufträgen des letzten Jahres. Viele dieser Betriebe haben aber weniger neue Offertanfragen für die Zukunft, zurzeit laufen sie aber über alles gesehen noch gut. Der Detailhandel hat sich positiv gehalten, vor allem die Lebensmittelgeschäfte. Diejenigen, die allerdings Anlässe betreuen oder Catering machen, hatten das Nachsehen. Ihr Geschäftsmodell ging auf gut Deutsch «bachab». Diejenigen hingegen, die ein Detailgeschäft haben, konnten sich immerhin noch über Wasser halten. Wie sieht es in der Gastronomie aus? Ich habe da zweierlei gehört. Einerseits, dass man nicht einfach so weiter wirtschaften kann, bis alles am Boden liegt. Andererseits sagten Betriebe, es gehe ihnen gut. Abhängig davon, wie gut die einzelnen situiert sind, meldeten sie, «den ersten Shutdown haben wir überstanden. Dann werden wir nun auch diesen meistern». Gewisse Bedenken sind aber vorhanden. Es erstaunt, dass aus der Gastronomie-Branche in der Gemeinde so positive Meldungen kommen. Woran liegt das? Wir haben eben gute Leute in der Gastronomie. Sie arbeiten sehr gut, ihnen muss ich ein Kompliment machen. Viele haben das Flair für das Buchhalterische. Dass man «Man muss sich von Anfang an darauf einstellen, dass einmal eine Krise kommt und fragen, was kann ich machen?» nämlich intern gut wirtschaftet, ist eine Voraussetzung, um einigermassen unbeschadet durch eine solche Krise zu kommen. Aber ein Kurzarbeits-Bearbeitungsantrag musste trotzdem gestellt werden. Was raten Sie den Betrieben allgemein in der jetzigen Situation? Nun, wichtig ist es natürlich, dass man seine Aufgaben schon vor der Joe P. Stöckli Krise macht. Alles muss optimiert sein, auch der Verkauf – ich komme ja auch vom Verkauf. Man muss sich von Anfang an darauf einstellen, dass einmal eine Krise kommt und fragen, was kann ich machen? Und wie kann ich das bewältigen, wie komme ich über die Runden? Wie gross sind die notwendigen Investitionen, die ich machen muss? Und wie sieht die Gesamtunterstützung aus, die ich erwarten kann? Werfen wir einen Blick aufs Homeoffice, was für viele Betriebe eine grosse Umstellung war. Was haben Sie diesbezüglich aus den Gemeinden gehört? Jedenfalls nichts Negatives. Es ist ja noch spannend, dass man über die Jahre hinweg immer wieder hörte, man könnte doch dank der PCs zuhause arbeiten. Nun gibt es ein Gejammer (lacht). Man war halt nicht vorbereitet auf diese Situation. Klar, die Versicherungen haben schon früh mit dieser Arbeitsform begonnen. Natürlich, wenn man im Verkauf arbeitet, ist das persönliche Treffen wichtig. Man schaut sich gerne in die Augen und mag nicht nur durch Telefon verhandeln. Offerten kann man zwar zuhause vorbereiten, doch man muss sie dann normalerweise noch gemeinsam besprechen. Plötzlich war man gezwungen, auch hier einen anderen Weg zu beschreiten. Wie stark bereitet Ihnen der aktuelle Shutdown Sorgen? Die genauen Auswirkungen der

Kurier Nr. 6 11.2.2021 Dorfspiegel Dietlikon / Wangen-Brüttisellen 3 ch eine solche Krise zu kommen.» (Screenshots: lni) aktuelle Situation werden wir erst später erfahren. Sorgen bereitet mir die Situation allerdings schon. Denn den einen oder anderen kann es stärker treffen. Denken Sie nur an die Videofirma, die wir in unserer Gemeinde haben. Sie ist in der Unterhaltungsbranche tätig und leidet somit besonders stark. Angst macht mir, dass allfällige Entlassungen oder Schliessungen am Ende von der Gemeinde bewältigt werden müssen. Wie ist die Situation in der Baubranche? Das wird sich erst mit einiger Verzögerung zeigen. Ich habe gehört, dass zurzeit zwar noch Aufträge vorhanden sind, aber deutlich weniger Offertanfragen als auch schon. Private melden sich mehr, um kleinere Sachen zu erledigen. Welche Firmen profitieren vom Lockdown? Es gibt einige Unternehmungen, die Angebote lanciert haben. Dabei handelt es sich allerdings nicht um Nice-To-Have-Angebote, sondern um dringend notwendige. Ich habe den angefragten Betrieben versprochen, keine Namen zu nennen, um unlauteren Wettbewerb zu vermeiden. Welche Funktion hat der Gewerbeverein speziell jetzt in Corona- Zeiten? Ich telefoniere vermehrt mit Betrieben, frage, wie es ihnen geht und wo es harzt. Es geht mir darum zu sehen, wo man sie allenfalls unterstützen kann. Und sei es bei dem ganzen Formularkrieg, den man bewältigen muss. Hilfe kann auch im mentalen Bereich notwendig sein. Und wie sieht die aus? Wie überall in einem Team, in dem alle wirklich miteinander arbeiten. Ich ermutige die Betriebe, Schritt um Schritt vorwärts zu gehen. Dazu gehört, nur anzuschaffen, was wirklich notwendig ist – und Geduld zu haben. Finanziell kann ich ihnen leider nicht unter die Arme greifen, dazu habe ich zu wenig Geld (lacht). Wo Unterstützung geholt werden kann, schalten wir auch auf unserer Homepage auf. Was raten Sie als Gewerbevereinspräsident einem Betrieb in Wangen-Brüttisellen zurzeit in Bezug auf den Umgang mit finanziellen Reserven? Ratsam ist es, die finanzielle Situation – unter Berücksichtigung der aktuellen Wirtschaftslage – mit einem guten Treuhandbüro zu durchleuchten. Das ist vor allem für diejenigen sinnvoll, die grosse Bedenken haben. Schweisst die aktuelle Krise das Gewerbe zusammen? Davon bin ich überzeugt. Dass man einander hilft und sich besser kennen lernt, merke ich sowohl im wirtschaftlichen als auch privaten Bereich. Ich habe das Gefühl, dass unsere Gewerbler jetzt mehr miteinander sprechen und fragen, wie es dem anderen geht. Man tauscht Tipps aus. Das muss aber noch viel besser funktionieren. Klar, jeder muss für sich schauen. Aber Futterneid ist in der jetzigen Situation dennoch nicht angebracht. Im Gegenteil, Respekt untereinander ist gefragt. Die Rolle, das Gewerbe zusammenzuschweissen und dafür zu sorgen, dass sich die Mitglieder gegenseitig Aufträge zuspielen, hatten Gewerbevereine vor allem in früheren Zeiten. Wie ist das heute? Naja, in dem Bereich muss man schon noch etwas arbeiten. Ich kenne das aus dem Gebiet, in dem ich früher tätig war, in der Skisport-Branche. Da gab man einander Tipps. Das sollte auch bei uns funktionieren. Wenn ein Handwerker gesucht wird, wäre es schön, wenn er innerhalb der Gemeinde angefragt würde. Das sollte noch vermehrt funktionieren, nicht nur bei uns in der Gemeinde. Allgemein hat dieses Verständnis schweizweit etwas gelitten in den letzten Jahren. Einander Tipps geben, wo ist etwas zu machen, die Kollegen eines anderen Zweiges informieren. Wie sieht es im Sport aus, in dem Sie ebenfalls aktiv sind? Auch hier gilt, man muss die Sportvereine motivieren. Die grosse Herausforderung ist es, sowohl die aktiven Sportler als auch die Trainer bei der Stange zu halten. Wir müssen auch hier das beste aus der Situation machen, jammern hilft nichts. Zurück zum Gewerbe und zur von Ihnen erwähnten Zusammenarbeit: Wie sieht es diesbezüglich zwischen den Gewerbevereinen von Wangen-Brüttisellen und demjenigen Dietlikons aus? Wir stehen in engem Kontakt. Es läuft zwar nicht auf einen Zusammenschluss hinaus, aber auf eine Zusammenarbeit. Früher gab es ja den gemeinsamen Berufswahlparcours, der leider im 2020 nicht durchgeführt werden konne. Die Berufswahlmesse in Zürich wurde auch abgesagt. Aber wir müssen den Jugendlichen Zukunftsperspektiven bieten und den Nachwuchs fördern. Dazu habe ich einige Ideen. In welche Richtung zielen diese? Ich werde mit den Schulen Kontakt aufnehmen. Es wäre sinnvoll, Zur Person Joe P. Stöckli, 69, war Präsident der Orstpartei FDP und Vizepräsident der Bezirkspartei und leitete während vielen Jahren die Jugendkommision und amtierte von 2002 bis 2006 als Sicherheitsvorstand im Gemeinderat Wangen-Brüttisellen. dass sich Betriebe bei uns oder bei der Schule melden, wenn sie noch einen Ausbildungsplatz haben. Die Schnupperlehren neu zu gestalten, auch mit Blick auf die Betriebe. Es soll allen etwas bringen, wenn jemand schnuppern kommt. Ausserdem haben wir die Organisation «LIFT», die schwächeren Schulabgängern bei der Suche helfen. Wir sollten in beiden Kuriergemeinden übergreifend arbeiten, weil die einzelnen Gemeinden zu wenig Industrie haben, um allen Schulabgängern einen Ausbildungsplatz anzubieten. Wie blicken Sie in die Zukunft? Ich hoffe, 2021 wird ein besseres und angenehmeres Jahr. Wir werden den Frühlings- und Herbstmarkt nicht mehr organisieren, weil dies nicht unser Metier ist. Ich will damit beginnen, die Gewerbler branchenspezifisch zusammen zu nehmen, zum Beispiel alle, die mit Motoren arbeiten, oder den Bau- und Elektrikerbereich, usw. Da kann man gemeinsam etwas spezielles auf die Beine stellen, und nicht jeder hat auch dieselben Sorgen und Anliegen. Vielleicht kann man auch branchenbezogen Anlässe für die Gewerbezweige durchführen. Sowohl Gemeinde als auch die Schule sind begeistert davon, dass nun wieder etwas passiert.

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