Aufrufe
vor 3 Jahren

2020_22

  • Text
  • Dietlikon
  • Juni
  • Kirche
  • Telefon
  • Kurier
  • Autokino
  • Pfingsten
  • Menschen
  • Immunsystem
  • Mika

2 Dorfspiegel Dietlikon

2 Dorfspiegel Dietlikon / Wangen-Brüttisellen Kurier Nr. 22 28.5.2020 Heute ist es ein Fest, das bei uns viele nur noch als willkommenes, verlängertes Wochenende geniessen, das praktisch keine Bedeutung hat. Keinen Platz im Leben vieler. Sein Inhalt lässt sich auch nicht so ohne weiteres symbolträchtig darstellen. Deshalb ist auch das Brauchtum ziemlich spärlich ausgebildet. Ursprünglich war Pfingsten ein Fest, das untrennbar zu Ostern gehörte und deshalb auch nicht gesondert gefeiert wurde. Erst Ende des 4. Jahrhunderts begannen die Menschen ein eigenes Pfingstfest zu feiern. Ein Blick auf Pfingstbräuche Aus dem Barock, wo man vieles bildlich und theatralisch darstellte, sind einige Pfingstbräuche überliefert. So liess man beispielsweise an Pfingsten eine Taube in das Kircheninnere hinab – als Zeichen der Ausgiessung des Heiligen Geistes. Taube, Feuer und Sturm werden als Symbole für Pfingsten verwendet. Am Pfingstwochenende dürfen zum ersten Mal in der Coronakrisenzeit wieder Gottesdienste gefeiert werden. Pfingsten als Neubeginn, ein starkes Zeichen. Dies gerade auch deshalb, weil mit Pfingsten die Geburtsstunde der Kirche im eigentlichen Sinne gedacht ist. Und so ist es gegeben, dass wir uns an diesem Fest Gedanken zur Kirche machen. Einer Kirche, die in den letzten Jahren selber eine enorme Krise durchmachen muss. Ja, heute müssen die Kirchen einen tiefgreifenden Übergang meistern. Vieles muss neu überdacht und gestaltet werden: entweder indem man depressiv verwaltet oder hoffnungsvoll gestaltet. Biblisch steht für das Wagnis des Unbekannten und Neuen und für den Mut dazu das Pfingstereignis. So ist es zum Beispiel der Traum von Franz von Assisi zu verstehen, er solle die im Argen liegende Kirche wiederaufbauen. Oder der Ausspruch von Papst Johannes XXIII. der auf die Frage, was er sich vom Konzil (1962 bis 1965) erwarte, sagte: «Ich erwarte ein neues Pfingsten.» Nachdenken über unser Christsein, unser Kirche-sein. Was, so kann man sich fragen, ist wirklich wichtig und eine Lebenshilfe. Und was ist überflüssig oder gar schädlich? Was hilft den Menschen und was behindert sie? Ängste und Unsicherheit prägen unsere momentane Zeit. Niemand weiss, wann diese schwierige Zeit endlich vorüber sein wird. In einer ganz anderen Zeit und einer ganz anderen Situation hatten diese Gefühle auch die Menschen nach dem ersten Ostern. Das erste Pfingsten war mit einem Häuflein frühkirchlicher Angsthasen. Es hatte ihnen die Sprache verschlagen. Und dann geschah das Unerwartete, das, womit keiner gerechnet hat: das Pfingstereignis. Auf einmal waren Angst und Unsicherheit vorbei und an ihre Stelle traten Begeisterung, Mut und Aufbruch. Ich stelle mir vor, dass Papst Johannes XXIII. genau das meinte, als er von der Kirche als einem Haus mit geöffneten Fenstern sprach. Offen sollte die Kirche sein, nicht nur für den Dialog mit der modernen Welt, sondern zuvor spirituell gesehen für den einströmenden Gottesgeist: offen für ein neues Pfingsten. Pfingsten mutet uns Veränderung und Umkehr zu – oder jesuanisch: Metanoia. Also Neuausrichtung und Aufbruch zu neuen Ufern. Eine Kirche sollen wir leben, die offen ist für «geistgewirkte Lebenszeichen», die zum Beispiel heissen: «Menschenrechte, Würde der Person, Gerechtigkeit, ökologische Besorgtheit, Gleichbehandlung von Frau und Mann, gegen jeglichen Missbrauch …» Feiern in der Gemeinschaft An Pfingsten dürfen wir wieder Gottesdienste feiern. Das, was mich daran am meisten freut ist, dass wir das miteinander tun dürfen, als Gemeinschaft von Glaubenden. Für mich persönlich ist Kirche da spürbar, wo Menschen miteinander auf dem Weg sind – als Volk Gottes auf dem Weg. Glaube feiern das bedingt für mich das Zusammensein von Menschen. Und da wo Menschen miteinander Kirche sind, da wird Gott selber sichtbar. Dies finde ich so gut dargestellt auf dem beiliegenden Bild. Und so verstehe ich auch den Wunsch von Michael Ende: ich wünsche dir, dass dir immer bewusst ist, dass du nicht alleine auf der Welt bist, dass du anderen neidlos ihren Anteil zugestehen kannst und dass du selbst in deinem Leben das bekommst, was du brauchst. Es gibt Reichtümer, an denen man zugrunde geht, wenn man sie nicht mit anderen teilen kann Industriestrasse 28 8304 Wallisellen Telefon: 041 521 66 66 ... sicher isch sicher !!! Ihr Fachmann für Elektroinstallationskontrollen in Ihrer Nähe !!!

Kurier Nr. 22 28.5.2020 Dorfspiegel Dietlikon 3 Wer hinter dem erfolgreichen Dietliker Autokino steckt Findiger Film-Fan Eine Achterbahn der Gefühle durchlebt der 19-jährige Mika Steinmann zurzeit: Das Autokino, das er mit grossem Fleiss für Dietlikon organisiert hat, wurde nach nur einer – erfolgreichen – Woche per Verfügung vom Kanton gestoppt. Nun hat er doch noch eine Ausnahmebewilligung erhalten. Selina Moriggl Am sonnigen Samstagmittag ist der Parkplatz vor dem Jumbo in Dietlikon überfüllt mit Autos, hektischen Einkäufern und Verkehrsreglern, die versuchen, Ordnung in die chaotischen Zustände zu bringen. Ein kontinuierliches Kommen und Gehen von Kunden, die Wohnung und Garten verschönern möchten. Ganz anders jedoch muss dieser Platz am Abend zuvor ausgesehen haben. Die weisse Leinwand, die prominent am Nebengebäude hängt, weist auf die Kinovergnügen hin, die hier bis spät in die Nacht stattgefunden haben. Von einem Veranstaltungsverbot ist bei unserem Treffen noch keine Rede. Eine lange Nacht Mika Steinmann scheinen die späten Uhrzeiten nichts ausgemacht zu haben. Er sei ausgeschlafen, meint der 19-jährige Kantonsschüler aus Dübendorf, während er über den Parkplatz blickt. Und das obwohl er gestern bis um 4 Uhr nachts wach war. Wir treffen uns nicht ohne Grund an diesem hektischen Ort. Hier hat an den warmen Frühlingsabenden der vergangenen Wochen das Autokino stattgefunden, welches Mika eigenhändig ins Leben gerufen hat. Nicht ohne Stolz berichtet er von den knapp 50 Besuchern, welche jeweils mit ihren Autos sein Angebot genutzt und ihren Abend am Donnerstag, Freitag, Samstag oder Sonntag im Kino verbracht haben – auch wenn es alles andere als konventionell war. Er selber sei noch nie in einem Autokino gewesen, erzählt Mika. Diese Tatsache hat sein Projekt und ihn persönlich in einigen Bereichen zwar herausgefordert, aber nie aufgehalten. Organisiert hat er das Kino alleine, mit nur wenig Hilfe seiner Eltern. Das erforderte Disziplin, aber auch Herzblut. Der Kinofan Mika selber ist ein passionierter Kinogänger, hat mit seinen Kollegen regelmässig das Arena-Kino besucht, um als Marvel-Fan alle neuen Filme zu geniessen, die in diesem und dem letzten Jahr über die Leinwand gegangen sind. In den letzten Wochen hat ihn ein Film besonders beeindruckt: Sam Mendes’ «1917», welcher in spektakulärer Regie und unkonventionellem Schnitt die Schrecken des Ersten Weltkriegs dokumentierte. Während Mika einen sehr diversen und persönlichen Kinogeschmack hat, setzte er in seinem eigenen Kino auf Klassiker. So ist am Abend vor unserem Treffen «The Wolf of Wallstreet» gelaufen. Mit dem Filmangebot wollte Mika an die breite Demographie von Besuchern ansprechen. Es schien zu gelingen, denn die Tendenz der Autos, die an den Kinoabenden in den Jumboparkplatz einkehrten, stieg mit jeder Vorführung. Modern und innovativ war Mikas Idee, vor allem für einen Ort wie Dietlikon. Etwas Ähnliches hatte die Gemeinde wohl noch nie beherbergt. Aber nun hat Mikas Projekt ein abruptes Ende finden müssen. Die Absage des Autokinos ist für ihn zutiefst enttäuschend, aber sie reduziert weder Mikas Stolz, noch seine Hoffnungen für die Zukunft. Er würde das Autokino ein weiteres Mal aufziehen, denn für ihn ist es keine temporäre Beschäftigung gewesen, sondern hat eine Leidenschaft entfacht, die er nicht aufgeben will. So macht er auch jetzt noch alles dafür, sein Projekt wiederzubeleben, denn er sieht sich nicht im Unrecht. Keinen Regeln habe das Autokino widersprochen, im Gegenteil, verglichen mit Schulen oder Restaurants, welche zu diesem Zeitpunkt wieder öffnen, konnte es sogar mehr Sicherheit garantieren. Auch die Bilder von überfüllten Zürcher Parks oder besuchten Fussballspielen empören ihn aus dem einfachen Grund, dass er sich unfair behandelt fühlt. Die ungerechtfertigte Entscheidung des Kantons muss er also im Moment hinnehmen, aber für Mika spricht nichts gegen eifrige Gegenwehr. Disziplin und Leidenschaft Sein Herzblut für das Kino zeigt sich nicht nur in dieser offensiven Zukunftsstrategie, sondern reflektierte sich in unglaublich vielen weiteren Aspekten des Projekts. Fleissig betrieb er Werbung, in den Medien, auf Instagram, und ganz traditionell indem er Flyer verteilte. Eigenhändig beschaffte er sich Erlaubnisse und Filmlizenzen, auch wenn sich letzteres als Herausforderung entpuppt hatte. Gross schien die Arbeit ihn jedoch nicht erschöpft zu haben, kann er doch immer noch voller Freude von den Abenden, an denen die Leinwand projiziert wurde, erzählen. Das Kino als Ablenkung und Hilfe Bevor die aktuellen Regelungen in Zusammenhang mit der Corona- Pandemie ihn davon abhielten, spielte Mika in seiner Freizeit liebend gerne Tennis. Doch während des Lockdowns ging ihm das verloren, die Schule wurde nach Hause verfrachtet, und auf einmal sah er sich mit einer Menge übriger Zeit konfrontiert. Die Organisation des Autokinos war für Mika somit auch ein Zeitvertrieb, ein Umgangsmechanismus für all die Herausforderungen, welche die aktuelle Situation um Corona mit sich brachte. Vor allem für junge Leute ist eine Ablenkung nun sehr hilfreich, und da Mika neben der Schule noch mehr als genügend Zeit für sich hatte, kam ihm die Idee, diese auch zu nutzen, um anderen zu helfen. Im Moment sind sämtliche Kinos geschlossen, und so bleibt vielen Filmliebhabern der Zugang dazu verboten. Dem wollte Mika entgegenwirken, da auch ihm persönlich die Gänge ins Kino gefehlt haben. So hatte sich das Autokino entwickelt, vielleicht zuerst als anpassungsfähige Alternative zum benachbarten Pathé, war nun aber bestimmt zu Mikas ganz eigenem, innovativen Projekt herangewachsen. Das Autokino bot also nicht nur ihm eine Möglichkeit, seine Zeit sinnvoll zu nutzen und sich abzulenken, sondern lud auch all seine Besucher dazu ein, zumindest für einen Abend den Corona-Sorgen zu entfliehen und einen Film auf der Grossleinwand, unter dem Sternenhimmel, geniessen zu können. Die Hoffnung bleibt bestehen Mika war nicht bereit, das Autokino aufzugeben. Er wehrte sich aktiv gegen den Entscheid des Kantons, mit der Hoffnung, es bald wiedereröffnen zu können, um zahlreichen Menschen wieder Ablenkung und, vor allem, eine Freude zu bieten. Ende gut, alles gut: Wie Mika Steinmann den Medien mitteilte, hat er eine Ausnahmebewilligung erhalten. Er sei überglücklich über den Entscheid, sein Autokino weiter führen zu dürfen, um nicht auf den Fixkosten von 7000 Franken pro Woche sitzen zu bleiben.

Gemeindezeitung Kurier