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4 Dorfspiegel

4 Dorfspiegel Wangen-Brüttisellen Kurier Nr. 33 15.8.2019 Swedeman Xtreme Triathlon 2019 «Swissman war nur halb so schlimm» Der Wangemer André Widmer hat am Swedeman Xtreme Triathlon teilgenommen. Im Kurier erzählt er von seinen Vorbereitungen, von denen ihn auch eine Verletzung nach einem Velounfall nicht abhalten konnte. Nach meiner Verletzung im letzten Oktober, die ich am Ironman 70.3 in dem Turkey mit einem Sturz auf dem Rad zugezogen habe, war meine Vorbereitung auf die neue Saison nicht optimal. Wegen des Schlüsselbeinbruchs konnte ich erst Mitte Februar dieses Jahres mit dem Schwimmtraining und Radfahren beginnen. Aber das sollte mich nicht daran hindern, am Swedeman Xtreme Triathlon (www.swextri.com) teilzunehmen. Also bin ich Mitte Juli mit gemischten Gefühlen nach Åre in Schweden gereist. Die Idee war, den Xtreme Triathlon in Schweden zu bewältigen und wenn möglich nicht als Letzter abzuschneiden. Am Samstag, 20. Juli war es dann soweit. Der grosse Tag war da. Am Samstagmorgen, nach einer kurzen Nacht, bin ich um 3 Uhr aufgestanden. Essen war wie immer eine Qual für mich am Morgen. Also habe ich mich auf einen Shake beschränkt. Um 4 Uhr war der Treffpunkt in der Lobby des Hotels, um 4.15 Uhr Abfahrt mit dem Bus zum Schwimmstart. Da waren einfachheitshalber alle schon im Neoprenanzug. Natürlich hatte ich Neosocken, Mütze und Schwimmbrille dabei. Das Wasser soll nur 13 Grad haben, hatte ich gehört. Und los gings! Nach kurzer Busfahrt waren wir am Start, zirka 40 Meter vom Bus bin zum Ufer des Sees waren zu Fuss zu bewältigen. Es hiess, das Letzte vorbereiten, die Gegend zu bewundern und nochmals kurz in sich gehen. Es folgte eine kurze Ansprache einer jungen Frau, die mit einem jungen Rentier da war. Das ist ein sehr schöner Moment gewesen. Sie erzählte über die Landschaft, und darüber, wie schön es war. Wir sollen den Tag geniessen. Dann kam der grosse Moment: Start zum Swedeman um 5 Uhr. Alle rannten los, man konnte oder musste fast 150 Meter in den See laufen, bis man schwimmen konnte. Erst ab da war das Wasser zirka 1,4 Meter tief. Erster Sprung ins Wasser Uiii das war doch kälter als ich dachte. Die ersten Züge gingen gut, aber irgendwie fehlte die Luft zum Atmen. Das Neopren füllte sich mit Wasser und alles war noch kälter. Das Gesicht war schon fast gefroren. Jetzt hiess es, ganz cool zu bleiben. «Es ist nur kalt, nicht mehr», dachte ich mir. Nach wenigen Minuten war alles vorbei und es ging immer besser. Ich konnte mein Tempo schwimmen. Leider war keine Gruppe in der Nähe, an der ich mich anhängen konnte. Egal, schöne lange Züge bis nach hinten abrücken und weiter ging es. Nach einer kurzen Zeit kamen wir in die Seeenge und in den anderen See. Das Wasser wurde kälter, das hatte man uns auch so gesagt. Jetzt nur auf mich konzentrieren und geniessen! Langsam konnte ich den Wasserfall sehen, bei dem der Ausstieg lag. Cool, das war nicht mehr weit. Und schon war ich da. Ich krabbelte aus dem Wasser, was bei den Steinen im Wasser nicht einfach ist. Zum Glück gab es Helfer, die uns hielten. Alexander, mein Supporter, war auch da und nahm mich an der Hand. Dann ging es auf die 400 Meter mit zirka 100 Höhenmetern zur Wechselzone. Jetzt mal alles weg, gut abtrocknen und Radkleider anziehen. Alles passte, und weiter ging es. Ich habe mich entschieden, nur mit Windstopper. Irgendwie kam kein Druck aus meinen Beinen. Fühlte sich einfach nicht perfekt an. Ok, jetzt ganz ruhig, etwas trinken und weiterfahren, der Tag ist noch lange, sagte ich mir. Regelmässige Nahrungsaufnahme Ziel war es, alle 12 bis 17 Kilometer meine Supporter zu treffen, ganze Ernährung, flüssig, und ab 10 Uhr mit Salz beginnen. Das

Kurier Nr. 33 15.8.2019 Dorfspiegel Wangen-Brüttisellen 5 neue Rad und ich freundeten uns immer besser an und es wurde besser mit dem Druck in den Beinen. Nicht perfekt aber ganz gut. So ab km 100 tat mir mein Schambein weh, vor allem in der Aero- Position. Naja, es musste weiter gehen. «Und jetzt wird wohl die Strafe kommen, dass ich noch fast nicht mit dem TT gefahren bin», dachte ich. Ich habe dann öfter in den Oberlenker gewechselt und konnte mich so im Rahmen halten. Mein Ziel war es, sieben Stunden für das Rad zu haben. Ich war aber dann doch sehr happy, nach bereits 6.45 Stunden vom Rad herunter zu kommen. So jetzt nur noch laufen, dachte ich. Umziehen und los geht’s. Mein erster Lauf mit Rucksack und Verpflegung: Erst mal kurz aufwärts, dann auf Trails wellig am Berg entlang. Es lief super und alles bestens. Raus aus dem Wald, und es ging aufwärts, aber so richtig steil, und alles technische Single Trails. Ok, das wird dann flacher, dachte ich. Falsch! Es ging rund sechs Kilometer aufwärts mit zirka 800 Höhenmetern. Die Aussicht war super, aber ich konnte schon bald nicht mehr. Oben angekommen, ging es runter, und das weiterhin auf Trails im Felsen und steilen Böschungen. Im flacheren Teil würde es nicht besser. Technische Trails mit Schneefeldern, oder auf der Wiese, die sumpfig war. Über Bäche und Pfützen hüpfen. Immer mit der Idee trockene Füsse zu behalten. Irgendwann war es soweit, Füsse sind nass, alles voller Dreck. Jeder Schritt musste überlegt sein, um ein stolpern zu verhindern. Man konnte es sich teilweise aussuchen, ob man lieber in den Sumpf oder doch besser in den Bach treten wollte. So ab Kilometer zehn hatte ich die Schnauze so was von gestrichen voll, aber Aussteigen geht nicht: kein Checkpoint vor Kilometer 18. Also ging ich mal weiter. Irgendwann habe ich mich überwunden und bin locker gelaufen. Ich habe aber auch gemerkt, dass es so nicht weiter gehen kann und es keine Option ist, zu gehen. Ich konnte mich an zwei Männer halten und ihre Fusstritte kopieren. Das war die Lösung. Jetzt war die Spannung wegen Fehltritten nicht mehr so gross wie vorhin. Wir sind dann so recht lange zu dritt gelaufen, bis einer nicht mehr konnte. Da waren wir noch zu zweit, und ich der hintere. Schön jeden Tritt von meinem Vordermann zu kopieren. Das Schlimmste ist jetzt durch, sagten sie. Nun kamen zwölf Kilometer auf flachem Terrain. Mein Supporter begleitete mich ab jetzt. Wir konnten dann wirklich im Flachen laufen und es machte fast Freude. Es war so gut, meinen Frust an Alexander, meinen Supporter, rauszulassen und von meinen Qualen am Berg zu reden und so alles zu verdauen und verarbeiten. Nach 30 Kilometern kam der letzte Checkpoint: etwas mehr als eine Stunde vor dem Cut-Off. Yes, jetzt nur noch auf den Berg rauf, also noch zehn Kilometer bis zum Ziel. Der Blick auf den Gipfel Ganz weit oben sahen wir den Gipfel und die Antenne daneben. Nein soweit nach oben müssen wir sicher nicht, dachten wir noch. Oder eben doch, nach zirka eineinhalb Stunden im Aufstieg standen wir neben der Antenne. Jetzt nur noch einen Kilometer runter zur Gondelbahn, wo auch das Ziel ist. Die Freude wurde mit jedem Schritt grösser und die Schmerzen weniger. Nach 15 Stunden 22 Minuten und 37 Sekunden im Ziel. Rang 45 von 93 Finisher. Klar war für mich, so etwas mache ich nicht nochmals. Der Swissman war nur halb so schlimm. Ab auf die Gondelbahn und ab ins Hotel. Duschen und etwas Essen. Am Sonntag folgte die Ehrung der Sieger und die Vergabe der gelben und weisen T- Shirts. Auch wurden zwei Startplätze für den Norseman Xtri verlost. Meine Supporter meinte, das wäre was für mich. Ich habe noch nie bei sowas gewonnen, also muss ich mir keine Sorgen machen, war meine Reaktion. Der erste Name war nicht meiner, Claudia, meine Supporterin, meinte nun Fokussieren und es klappt. Genau das brauche ich jetzt noch, dachte ich, und schon wurde mein Name genannt. Egal, gehen wir nach Norwegen zum Norseman im 2020. Es war schon ein langer Traum von mir dort zu starten. Wie sagt man doch so schön: nach dem Wettkampf ist vor dem Wettkampf. André Widmer, Wangen

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